project.worx #1                             SICHTBARE MUSIK Ein Musiktheater-Projekt von Studierenden der Universität Kassel

Das Stück "Poem für 1 Springer" ist eine Szene aus dem Werk "Zeichensprache" (1987/89), welches wir im Rahmen unseres Vorbereitungsseminar kennenlernten. "Zeichensprache" ist eine Sammlung verschiedener Szenen welche Schnebel unter dem Untertitel "Musik für Gesten und Stimme" zusammenfasst. Jede dieser Szenen hat ein bestimmtes Thema, das mit großen Bildern und bestimmten Klängen in Verbindung gebracht werden kann. Schnebel konzentriert sich dabei auf eben diese beiden Elemente und komponiert sie zu einer aufführbaren Szene zusammen, teilweise als Solostücke oder auch für mehrere Aufführende. Sichtbare Aktionen und akustische Elemente schreibt er im Notentext mittels einer jeweils individuellen Aktionsnotation genau fest. Gesten und Körperteile sind ebenfalls vorgegeben, wie auch mögliche Ausrufe oder beispielsweise übermäßig laute Atemgeräusche. Das Bild unten zeigt das Notenmaterial zu "Poem für 1 Springer". Der klassischen Notation von Musik entlehnt Schnebel hier sowohl das Lesen von links nach rechts und das Notieren in Systemen untereinander, als auch die vertikale Achse als Maß für die Ausdehnung von Höhe und Tiefe. Diese beschreibt jedoch die zweidimensionale Aufteilung des Raums und nicht die Höhe von Tönen. Alternativ hätte er vielleicht einen beschreibenden Text verfassen können, der die erdachte Aktion mit Sprache beschreibt. Jedoch ist das Bild eines hockenden, oder springenden Ausführenden offensichtlich weitaus aussagefähiger als ein dies beschreibender Text.

Das beidfüßige Springen, mit dem diese Szene beginnt, wird im mittleren Teil des Stückes vom Trippeln mit dem linken und rechten Fuß abgelöst. Dazu wird vom Ausführenden eine Art Hechelatmung verlangt, welche wohl das akustische Synonym für seine körperliche Anstrengung ist. Die verschiedenen mittels Lautschrift festgeschriebenen Hechellaute [hæ, hɑ, hə, ...] und das rhythmische Verkürzen des Fußtrippelns sorgen in diesem Teil für einen klaren Spannungsaufbau. Am Ende des Mittelteils beruhigt sich die Aktivität des Springers nur kurz - ein Kräftesammeln - ehe im Finale wieder beidfüßig und mit noch mehr Intensität und Höhe gesprungen wird.

Das "Poem für einen Springer" gilt als eines der greifbareren Stücke aus Zeichensprache: Schnebel selbst kommentierte diese kurze Szene mit den Worten: "Ja, der Springer wird gerne und häufiger mal aufgeführt."











Poem für 1 Springer